HUBERT HANGHOFER

Manchmal gibt man der Welt neue Formen, manchmal formt die Welt uns. Dies ist gezwungenermaßen sehr oft der Fall! Werden und Vergehen, Ursache und Wirkung
sind der Inhalt der Transformationen. Das Kommunikationsmittel sind hier wohl die
intensiven Beziehungen
zwischen Mensch und Natur. Die Arbeit mit naturnahen Formen verbildlicht inhaltlich den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen und die Vergänglichkeit der Zeit, des Lichtes und der Finsternis.

Schon der berühmte Schriftsteller der Moderne, Marcel Proust, wandte
in seiner Suche nach der verlorenen Zeit folgenden Kunstgriff an:
Der Roman endet, indem der Autor beginnt, ihn zu schreiben.

Bildinventar und Formensprache, wie produziert man Raum?

Hubert Hanghofer hat das Wesen der Plastik auf zwei Hauptsträngen perfektioniert. Er
hat „Metazeichen“ konstruiert und er hat sich
gleichzeitig auf die Fertigung einer „absoluten“ Oberfläche konzentriert. Damit hat er die gestalterischen Aspekte seiner Arbeit quasi ad hoc und von Anfang an gefunden. Was folgt ist ein beharrliches Sondieren, Ausloten des emblematischen Vokabulars. Bevor ein Künstler überhaupt eine Formensprache entwickeln kann, ist es zwingend notwendig, dass dieser eine Ausbildung in seinem Fach genießt. In Linz fand ein Schritt in diese Richtung statt, aber hat Hanghofer da all die Prozesse durchmachen können, die seine Arbeit heute so einzigartig machen? Wohl eher kaum! Während in Wien auf der Akademie am Schillerplatz, zahlreiche unterrichtende Maler (Hutter, Brauer, Lehmden) den phantastischen Realismus (eine altmeisterliche Ölmalerei auf Halbkreidegrund) an die nächste Generation weiter gegeben haben, gab es in der Skulptur in Österreich keinen Meister, der so minutiös arbeitet(e) wie Hubert Hanghofer, dies heute zu machen pflegt.

Die Folge aus diesem Gedanken ist der naheliegende Verdacht, dass der Anteil an autodidaktischem Engagement bei Hanghofer sehr hoch ist. Hanghofer wurde 1951 in Freistadt, Oberösterreich geboren, 1977 bis 1981 Studium an der heutigen Kunstuniversität Linz. Während dieser Zeit (ab 1976) Beginn der Arbeiten an biomorph-
konkreten Formen. Skizzen und Modelle aus Ton waren zahlreich im Entstehen.

Beeindruckt zeigt sich der Autor von einer Formgebung, die man emblematisch nennen könnte. Das heißt es entsteht gewissermaßen ein „Abbild“, das sich nicht symptomatisch oder deskriptiv zur Wirklichkeit verhält, sondern versucht, ein Emblem für ebendieses zu sein.

In der „Drei-Dimensionalität“ ist das Schaffen von Kunst jedoch anders konzipiert, als mit Pinsel & Leinwand. Im Kunst-Katalog ist freilich immer ein Abbild (der Skulptur) dargestellt, deshalb gestattet sich der Autor kurzerhand von einem Bildinventar Hanghofers zu sprechen, zumal die Wiedererkennbarkeit in seinem Oeuvre sehr hoch ist. Was natürlich auch zweideutig und auch symbolisch ist, aber das Bildinventar in einen zusammen hängenden Kreislauf zu bringen, einen „Verweiszusammenhang’“ wodurch das Bild oder besser die Gestalt, zu einem Reflexionsmedium der eigenen Welt heranwächst.

Das Große hinter dem Sichtbaren ist etwas, das uns alle fasziniert, ohne es jedoch wirklich fassen zu können. Das allgemeine Bemühen um Artikulation solcherart Größe gipfelt oft in Pathos.
Hubert Hanghofer gelingt es, evolutionäre Dimensionen wie in einem
Zeitraffer dynamisch sichtbar zu machen, indem er sich ihrer Wesensart annimmt, sie seziert, reduziert, um sie schließlich in vielen transparenten Überarbeitungen in eine abstrakte Komposition zu komprimieren.

In diesem Kontext bewegt sich natürlich jede figurale Darstellung und diese Herausforderung verschärft sich noch im Gegensatz von abstrakt geometrischem und organischem Raum. Der organische Raum wird bestimmt durch den „scheinbar lebendigen Körper“ und seine Beziehung zum Raum. Der Raum muss sowohl aus der Plausibilität organischer Selbstbewegung wie aus der Bildgeometrie entstehen. Man denke an den Zinsgroschen von Masaccio (1), da existieren auch schon sehr verwandte Phänomene der emblematischen Formgebung. Richard Muther hat dies in seiner Geschichte der Malerei schon 1920 sehr treffend erkannt!

Die Arbeit beider Künstler, also von Masaccio und auch Hanghofer stehen in einer Denkweise eines “biomorphen Formungsprozesses”, einem Dialog “zwischen Biomorphie und Konkretheit”, zwischen Spontaneität und Kalkül.

Terra incognita

Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie uns kennen ein für allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei. Dieses Statement von Max Frisch zielt erfrischend in eine gute Spur.

Was wäre jedoch eine Reise ohne ein zu erforschendes fremdes Land? Terra incognita (lateinisch für unbekanntes Land) ist die Bezeichnung für Gebiete, die noch nicht kartographiert oder be-schrieben sind. Diese Bezeichnung findet sich daher auf historischen Land- und Seekarten in jenen Regionen, die zu diesem Zeitpunkt noch unerforscht waren. Zum Teil waren in den als Terra incognita bezeichneten Gegenden Drachen und andere Fabelwesen eingezeichnet.

Auch die Werke von Hanghofer sind gewissermaßen Terra incognita der Kunstgeschichte. Dies ist Hürde und Last zugleich. Einerseits verläuft die Entwicklung dieses Künstlers geradezu eruptiv – will heißen:

Und plötzlich waren die einzigartigen und unglaublich präzisen Skulpturen auf Ausstellungen & Kunstmessen. Sie wirkten auf den Beschauer wie Wissensbereiche, von deren Existenz man zwar Kenntnis hat oder die man vermutet, aber noch nicht inhaltlich definieren kann, zu Deutsch auch Neuland. Hanghofers Skulpturen haben sich ab 2009 purifiziert, sie haben jedes verspielte Element abgelegt, aber sie sind doch stets geprägt von einer eigenwilligen, persönlichen und sehr besonderen Hand-Schriftlichkeit. Der Geistder Geometrie und die Kraft der Natur verbinden sich in seinen Werken. Wie sich, ebenso bildlich wie konkret gesprochen, das Gerade mit dem Runden verbünden muss.

So vereinen sich in den Skulpturen der letzten Jahre gelingend Linie und Fläche, Volumen und Raum. Licht und Schatten, Kalkül und Intuition.

In den Plastiken von Hubert Hanghofer, der kein Eklektiker ist und auch kein Historist, sondern ein originärer Erfinder, scheint der erfolgreiche Versuch unternommen, diese dominanten Codes (Abstraktion und Figuration) zur Einheit zu zwingen.

Mithin der Versuch, das eigentlich Unmögliche möglich zu machen, eine Zwischensprache zu finden, die die Dinge nicht konkret beim Namen nennt, aber sich auch nicht in unverbindlicher Abstraktion verliert. Dieses Unternehmen umkreist Hanghofer immer wieder durch eine Vielzahl von Perspektiven, Wiederholungen und Variationen. Wie einer, der seinem Vokabular nicht traut und es immer wieder auf seine Konsistenz und Kommunikationsfähigkeit prüft.

Künstler sind seit jeher auch Botschafter ihrer Produkte, in ihrer jeweiligen Sprache und der Geschichte und Kultur ihres Landes. Gerade die Arbeit in den Ateliers hat einen ganz besonderen Bezug zu Kultur, Design, Ästhetik – schließlich bereiten die dort entstandenen Produkte Menschen visuelle Anreize, werden im besten Fall sogar die blue chips der jeweiligen Nationen etc….

Das Phänomen von Hanghofers künstlerischem Wirken besteht unter anderem darin, dass ein hochsensibler, menschlich nicht selten empfindlicher Künstler, oft Selbstzweifel und Skrupel überwinden muss, um mit optimalen Arbeitsbedingungen den höchsten, an sich selbst gestellten Ansprüchen zu genügen, die vor allem darin bestehen, ein Opus bis in seine charakterlichen, psychologischen Feinheiten hinein durchdrungen und sich angeeignet zu haben, um ebendieses Sammlern mit großer Authentizität zu vermitteln.

Tempora und Modi der Skulpturenoberflächen

Es verstärkt sich in der Anschauung aus der vehementen Glätte aller Oberflächen, wodurch ein scheinbar unberechenbares Ineinander Spiel erzeugt aus sich An-Hellendem und Verschattendem. Wie sehr das Irrationale in das Rationale verflochten ist und umgekehrt, keines kann ohne das Andere, statt dass sie sich gegenseitig ausschließende Gegner wären, das scheint das Grundthema von Hanghofer zu sein, es drängt sich wenigstens durch die elementare Beobachtung auf. Hanghofer steht mit den Arbeiten hier zwischen Musikalität und Prozessgeometrie.

Mit Hubert Hanghofer gewann Österreich – so wie mit Alfred Hrdlicka, Bruno Gironcoli, Josef Pillhofer und Fritz Tiefenthaler   einen großen und bedeutenden Künstler und einen der letzten echten Bildhauer einer neuen Generation.

Der Künstler Hanghofer  brach relativ früh vollends überzeugt mit der naturalistischen Auffassung, er gab die gesehene Wirklichkeit auf und stieß in das Urbild allen Seins, ins Geometrische vor. Im Zentrum seiner Skulpturen steht immer das Diesseitige, die ewige Form, nicht die zufällige Erscheinung und das Vergehende.

Hanghofer ist ein unermüdlicher Kämpfer für zeitlose Ästhetik in der Kunst. Seine Kreativität als denkender und produktiver Mensch ist ungewöhnlich präsent. Als Mensch begegnet man jedoch einem Zurückgetreten sein zugunsten der Formen und ihrer Vielfalt.

Respekt gegenüber denen, die auf seine Werke schauen und sie lesen und begreifen wollen.

(1) Frei zitiert nach Richard Muther – Geschichte der Malerei Band I Berlin 1920 Die Szenen sind nicht mehr in ein einheitliches flaches Licht getaucht, es geht mehr um die Erfassung der Naturwahrheit und die Figuren scheinen durch eine Lichtquelle beleuchtet: ein gänzlich neues Spiel von Licht und Schatten. Auch findet sich im Zinsgroschen-Fresko erstmalig die Farbaufhellung der Landschaft zum Hintergrund hin – Masaccio setzte damit die Ausweitung des Raumes, mit der Giotto begonnen hatte, fort (»Luftperspektive«). Es kommt hinzu, dass Masaccio zu den Ersten zählte, die die aus der Geometrie abgeleitete Perspektive mit verschiedenen Fluchtpunkten zur Anwendung gebracht hat.

Dr. Karl A. Irsigler

geboren in Wien 1964, absolvierte Kunstgeschichte an
der Universität Wien um dann im Museum Ludwig in
Köln & Mumok Wien als Kurator für Malerei & Skulptur
zu arbeiten.
2002 erfolgte die Selbständigkeit & Irsigler organisiert
weiterhin Ausstellungen, eine Kunstmesse im MAK und
zahlreiche Publikationen. Absoluter Schwerpunkt ist
jedoch derzeit der Aufbau einer konkreten Kunstsammlung,
deren Relevanz die Früchte der Ausbildung & Praxis
in den jeweiligen Museen Rechnung tragen.

HUBERT HANGHOFER

Manchmal gibt man der Welt neue Formen, manchmal formt die Welt uns. Dies ist gezwungenermaßen
sehr oft der Fall! Werden und Vergehen, Ursache und Wirkung sind der Inhalt der Transformationen. Das Kommunikationsmittel sind hier wohl die intensiven Beziehungen zwischen Mensch und Natur. Die Arbeit mit naturnahen Formen verbildlicht inhaltlich den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen und die Vergänglichkeit der Zeit, des Lichtes und der Finsternis.

Schon der berühmte Schriftsteller der Moderne, Marcel Proust, wandte
in seiner Suche nach der verlorenen Zeit folgenden Kunstgriff an:
Der Roman endet, indem der Autor beginnt, ihn zu schreiben.

Bildinventar und Formensprache, wie produziert man Raum?

Hubert Hanghofer hat das Wesen der Plastik auf zwei Hauptsträngen perfektioniert. Er
hat „Metazeichen“ konstruiert und er hat sich gleichzeitig auf die Fertigung einer „absoluten“ Oberfläche konzentriert. Damit hat er die gestalterischen Aspekte seiner Arbeit quasi ad hoc und von Anfang an gefunden. Was folgt ist ein beharrliches Sondieren, Ausloten des emblematischen Vokabulars. Bevor ein Künstler überhaupt eine Formensprache entwickeln kann, ist es zwingend notwendig, dass dieser eine Ausbildung in seinem Fach genießt. In Linz fand ein Schritt in diese Richtung statt, aber hat Hanghofer da all die Prozesse durchmachen können, die seine Arbeit heute so einzigartig machen? Wohl eher kaum! Während in Wien auf der Akademie am Schillerplatz, zahlreiche unterrichtende Maler (Hutter, Brauer, Lehmden) den phantastischen Realismus (eine altmeisterliche Ölmalerei auf Halbkreidegrund) an die nächste Generation weiter gegeben haben, gab es in der Skulptur in Österreich keinen Meister, der so minutiös arbeitet(e) wie Hubert Hanghofer, dies heute zu machen pflegt.

Die Folge aus diesem Gedanken ist der naheliegende Verdacht, dass der Anteil an autodidaktischem Engagement bei Hanghofer sehr hoch ist. Hanghofer wurde 1951 in Freistadt, Oberösterreich geboren, 1977 bis 1981 Studium an der heutigen Kunstuniversität Linz. Während dieser Zeit (ab 1976) Beginn der Arbeiten an biomorph-
konkreten Formen. Skizzen und Modelle aus Ton waren zahlreich im Entstehen.

Beeindruckt zeigt sich der Autor von einer Formgebung, die man emblematisch nennen könnte. Das heißt es entsteht gewissermaßen ein „Abbild“, das sich nicht symptomatisch oder deskriptiv zur Wirklichkeit verhält, sondern versucht, ein Emblem für ebendieses zu sein.

In der „Drei-Dimensionalität“ ist das Schaffen von Kunst jedoch anders konzipiert, als mit Pinsel & Leinwand. Im Kunst-Katalog ist freilich immer ein Abbild (der Skulptur) dargestellt, deshalb gestattet sich der Autor kurzerhand von einem Bildinventar Hanghofers zu sprechen, zumal die Wiedererkennbarkeit in seinem Oeuvre sehr hoch ist. Was natürlich auch zweideutig und auch symbolisch ist, aber das Bildinventar in einen zusammen hängenden Kreislauf zu bringen, einen „Verweiszusammenhang’“ wodurch das Bild oder besser die Gestalt, zu einem Reflexionsmedium der eigenen Welt heranwächst.

Das Große hinter dem Sichtbaren ist etwas, das uns alle fasziniert, ohne es jedoch wirklich fassen zu können. Das allgemeine Bemühen um Artikulation solcherart Größe gipfelt oft in Pathos.
Hubert Hanghofer gelingt es, evolutionäre Dimensionen wie in einem Zeitraffer dynamisch sichtbar zu machen, indem er sich ihrer Wesensart annimmt, sie seziert, reduziert, um sie schließlich in vielen transparenten Überarbeitungen in eine abstrakte Komposition zu komprimieren.

In diesem Kontext bewegt sich natürlich jede figurale Darstellung und diese Herausforderung verschärft sich noch im Gegensatz von abstrakt geometrischem und organischem Raum. Der organische Raum wird bestimmt durch den „scheinbar lebendigen Körper“ und seine Beziehung zum Raum. Der Raum muss sowohl aus der Plausibilität organischer Selbstbewegung wie aus der Bildgeometrie entstehen. Man denke an den Zinsgroschen von Masaccio (1), da existieren auch schon sehr verwandte Phänomene der emblematischen Formgebung. Richard Muther hat dies in seiner Geschichte der Malerei schon 1920 sehr treffend erkannt!

Die Arbeit beider Künstler, also von Masaccio und auch Hanghofer stehen in einer Denkweise eines “biomorphen Formungsprozesses”, einem Dialog “zwischen Biomorphie und Konkretheit”, zwischen Spontaneität und Kalkül.

Terra incognita

Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie uns kennen ein für allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei. Dieses Statement von Max Frisch zielt erfrischend in eine gute Spur.

Was wäre jedoch eine Reise ohne ein zu erforschendes fremdes Land? Terra incognita (lateinisch für unbekanntes Land) ist die Bezeichnung für Gebiete, die noch nicht kartographiert oder be-schrieben sind. Diese Bezeichnung findet sich daher auf historischen Land- und Seekarten in jenen Regionen, die zu diesem Zeitpunkt noch unerforscht waren. Zum Teil waren in den als Terra incognita bezeichneten Gegenden Drachen und andere Fabelwesen eingezeichnet.

Auch die Werke von Hanghofer sind gewissermaßen Terra incognita der Kunstgeschichte. Dies ist Hürde und Last zugleich. Einerseits verläuft die Entwicklung dieses Künstlers geradezu eruptiv – will heißen:

Und plötzlich waren die einzigartigen und unglaublich präzisen Skulpturen auf Ausstellungen & Kunstmessen. Sie wirkten auf den Beschauer wie Wissensbereiche, von deren Existenz man zwar Kenntnis hat oder die man vermutet, aber noch nicht inhaltlich definieren kann, zu Deutsch auch Neuland. Hanghofers Skulpturen haben sich ab 2009 purifiziert, sie haben jedes verspielte Element abgelegt, aber sie sind doch stets geprägt von einer eigenwilligen, persönlichen und sehr besonderen Hand-Schriftlichkeit. Der Geistder Geometrie und die Kraft der Natur verbinden sich in seinen Werken. Wie sich, ebenso bildlich wie konkret gesprochen, das Gerade mit dem Runden verbünden muss.

So vereinen sich in den Skulpturen der letzten Jahre gelingend Linie und Fläche, Volumen und Raum. Licht und Schatten, Kalkül und Intuition.

In den Plastiken von Hubert Hanghofer, der kein Eklektiker ist und auch kein Historist, sondern ein originärer Erfinder, scheint der erfolgreiche Versuch unternommen, diese dominanten Codes (Abstraktion und Figuration) zur Einheit zu zwingen.

Mithin der Versuch, das eigentlich Unmögliche möglich zu machen, eine Zwischensprache zu finden, die die Dinge nicht konkret beim Namen nennt, aber sich auch nicht in unverbindlicher Abstraktion verliert. Dieses Unternehmen umkreist Hanghofer immer wieder durch eine Vielzahl von Perspektiven, Wiederholungen und Variationen. Wie einer, der seinem Vokabular nicht traut und es immer wieder auf seine Konsistenz und Kommunikationsfähigkeit prüft.

Künstler sind seit jeher auch Botschafter ihrer Produkte, in ihrer jeweiligen Sprache und der Geschichte und Kultur ihres Landes. Gerade die Arbeit in den Ateliers hat einen ganz besonderen Bezug zu Kultur, Design, Ästhetik – schließlich bereiten die dort entstandenen Produkte Menschen visuelle Anreize, werden im besten Fall sogar die blue chips der jeweiligen Nationen etc….

Das Phänomen von Hanghofers künstlerischem Wirken besteht unter anderem darin, dass ein hochsensibler, menschlich nicht selten empfindlicher Künstler, oft Selbstzweifel und Skrupel überwinden muss, um mit optimalen Arbeitsbedingungen den höchsten, an sich selbst gestellten Ansprüchen zu genügen, die vor allem darin bestehen, ein Opus bis in seine charakterlichen, psychologischen Feinheiten hinein durchdrungen und sich angeeignet zu haben, um ebendieses Sammlern mit großer Authentizität zu vermitteln.

Tempora und Modi der Skulpturenoberflächen

Es verstärkt sich in der Anschauung aus der vehementen Glätte aller Oberflächen, wodurch ein scheinbar unberechenbares Ineinander Spiel erzeugt aus sich An-Hellendem und Verschattendem. Wie sehr das Irrationale in das Rationale verflochten ist und umgekehrt, keines kann ohne das Andere, statt dass sie sich gegenseitig ausschließende Gegner wären, das scheint das Grundthema von Hanghofer zu sein, es drängt sich wenigstens durch die elementare Beobachtung auf. Hanghofer steht mit den Arbeiten hier zwischen Musikalität und Prozessgeometrie.

Mit Hubert Hanghofer gewann Österreich – so wie mit Alfred Hrdlicka, Bruno Gironcoli, Josef Pillhofer und Fritz Tiefenthaler   einen großen und bedeutenden Künstler und einen der letzten echten Bildhauer einer neuen Generation.

Der Künstler Hanghofer  brach relativ früh vollends überzeugt mit der naturalistischen Auffassung, er gab die gesehene Wirklichkeit auf und stieß in das Urbild allen Seins, ins Geometrische vor. Im Zentrum seiner Skulpturen steht immer das Diesseitige, die ewige Form, nicht die zufällige Erscheinung und das Vergehende.

Hanghofer ist ein unermüdlicher Kämpfer für zeitlose Ästhetik in der Kunst. Seine Kreativität als denkender und produktiver Mensch ist ungewöhnlich präsent. Als Mensch begegnet man jedoch einem Zurückgetreten sein zugunsten der Formen und ihrer Vielfalt.

Respekt gegenüber denen, die auf seine Werke schauen und sie lesen und begreifen wollen.

(1) Frei zitiert nach Richard Muther – Geschichte der Malerei Band I Berlin 1920 Die Szenen sind nicht mehr in ein einheitliches flaches Licht getaucht, es geht mehr um die Erfassung der Naturwahrheit und die Figuren scheinen durch eine Lichtquelle beleuchtet: ein gänzlich neues Spiel von Licht und Schatten. Auch findet sich im Zinsgroschen-Fresko erstmalig die Farbaufhellung der Landschaft zum Hintergrund hin – Masaccio setzte damit die Ausweitung des Raumes, mit der Giotto begonnen hatte, fort (»Luftperspektive«). Es kommt hinzu, dass Masaccio zu den Ersten zählte, die die aus der Geometrie abgeleitete Perspektive mit verschiedenen Fluchtpunkten zur Anwendung gebracht hat.

Dr. Karl A. Irsigler

geboren in Wien 1964, absolvierte Kunstgeschichte an
der Universität Wien um dann im Museum Ludwig in
Köln & Mumok Wien als Kurator für Malerei & Skulptur
zu arbeiten.
2002 erfolgte die Selbständigkeit & Irsigler organisiert
weiterhin Ausstellungen, eine Kunstmesse im MAK und
zahlreiche Publikationen. Absoluter Schwerpunkt ist
jedoch derzeit der Aufbau einer konkreten Kunstsammlung,
deren Relevanz die Früchte der Ausbildung & Praxis
in den jeweiligen Museen Rechnung tragen.